The Making of the Drum

  • Hi Folks, gestern war ich auf einer genialen Aufführung des Uni-Chors Kassel zusammen mit dem Schlagzeug-Ensemble.

    Ein sehr sehr schönes Stück, es hat mich völlig verzaubert, berührt, gerührt und erwärmt; ist wie geschaffen für Bodhranbauer (deswegen setz ichs mal hier rein) und -spieler, ich schreib den Text aus dem Programmheft für euch ab. Das Original ist in Englisch. Wer das Stück mal irgendwo hören könnte, unbedingt hingehen.

    Übersetzung von Bob Chilcotts; The Making of the Drum

    1. Das Fell

    Zuerst muss die Ziege getötet und die Haut gespannt werden.

    Gesegnet seist du, vierbeiniges Tier, das Seil isst, geschickt in den Felsen, gehörnt mit unserem Fell,
    spanne deine Haut, spanne sie straff,
    straff auf unsere Hoffnung,
    wir haben dich getötet,
    um eine zarte Stimme herzustellen, die weiter als unsere Hoffnung,
    weiter als der Himmel
    reichen wird,
    tief hinunter zu unseren Göttern,
    wohin das schwache Licht nicht durchsickern kann,
    wo unsere gespannten Herzen nicht springen können.

    Durchschneide das Band ihrer Kehle, geschickter Vernichter der Ziegen;

    ihre Sünde, vergossen auf dem gewaschenen Kies, streckt und breitet sich aus,

    um uns alle zu verschlingen.



    2. Der Bauch der Trommel

    Dafür wählen wir Holz des Tweneduru-Baumes: hartes Duru-Holz mit dem dunklen Blut, das einen Mutterleib schafft.

    Hier in dieser Stille hören wir die Wunden des Waldes, hören wir die Klänge der Flüsse; Vokale von Rohrblättern, Kieselsteine von Konsonanten, unterirdisches Dunkel des Kontinents.

    Du stummes Adom-Holz wirst feierlich gebogen werden, der Bauch durch Feuer gerundet, mit Werkzeugen, die dich formen, verletzt.

    Du wirst bluten, dunkle Zeder, wenn wir dich fällen; sprich, sprich, wenn wir dich berühren.


    3. Die zwei gebogenen Stöcke des Trommlers

    Es gibt einen schnellen Stock, der im Wald wächst, zweimal jährlich blüht und keine Blätter trägt; kahle, weiße Zweige brechen wie ein Blitz im Harmattan.

    Aber denen, die in der Nähe wohnen, droht keine Gefahr.

    Dieser Baum, so sagen die Alten, wird niemals sterben.

    Von diesem kahlen Baum brich die schnellen Stöcke für das Fest. Sein Holz, von der Hitze hart wie Stein, ist tonlos wie ein Knochen.


    4. Kürbisse und Rasseln

    Die Blätter des Kalebassen-Baumes rasseln nicht; sie bringen einen grünen Kürbis hervor.
    Brenne Kupfer im Licht, brich rasselnde Samen auf. Im blinden Untergrund lassen die dunklen Nagezähne der Ratte die feuchte Wurzel bluten, knackt sie mit der Zeit; ihr Mehl, ihr Geschmack macht die reifen Blätter sauer.

    Klirre Rassel, singe Kürbis, lasse die Tänzer der Zeit niemals so ermüden wie diesen Baum, der unsere Musik macht und verspottet.


    5. Der Gong-Gong

    Gott ist stumm, bis die Trommel spricht.

    Die Trommel ist stumm, bis der Gong-Gong sie anführt.

    Von Menschen gemacht, des Gong-Gongs eiserne Augen aus Musik geleiten uns durch die demütigen Toten um die stumme, blinde Trommel zu treffen, wo Odomankoma spricht.

    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano



  • Könnte man diese Passage mit einer Art Initiationsritus am Beginn eines Workshops verlesen lassen? ...vielleicht mit der Liveopferung einer Ziege? ;) Das würde dem Ganzen doch vielleicht etwas mehr Würde verleihen ;)

    Im Ernst: ist schon ziemlich schwere Kost! 8)

  • Klar, schwere Kost. Aber es gibt eben Völker mit einem etwas unbefangeneren Verhältnis zur Natur.

    Ich finde davon abgesehen den Respekt, der aus so einer künstlerischen Würdigung spricht, phantastisch. Gerne hätte ich das Ganze aufgenommen, live ist das natürlich etwas ganz anderes.

    Aber ich finde die Idee gut, etwas mehr "indianisches" mit in Workshops reinzubringen. Man muss vielleicht nicht live eine Ziege opfern. Das wäre mir als Vegetarier dann etwas zu viel.

    Aber irgend eine rituelle Würdigung würde eine schöne, sakrale Stimmung reinbringen. :-)

    Wer weiß, was das für einen Einfluss auf den Fortschritt im Trommeln hätte. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, gab es auch auf Inisheer irgendwelche Rituale (nachts am Strand bis Sonnenaufgang ekstatisch Durchtrommeln oder so). :P


    8):D

    viele Grüße

    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano