• Hallo Tim,

    ich hab' übersehen, dass die Wren Boys vielleicht doch nicht so allgemein bekannt sind, wie ich dachte – besten Dank für den Hinweis! Anbei ein kleiner Ausgleich.

    Gruß von Moritz



    Die Wren Boys

    Die älteste, allgemein zugängliche Aufnahme eines Bodhránspielers stammt bereits aus den 20er Jahren: der Bodhránspieler John Reynolds begleitet Tom Morrison (flute) zu Reels (Dunmore Lassies/Manchester Reel/Castlebar Traveller) und Hornpipes (Sweet Flower of Milltown/The Boys From Knock). Doch bis in die 50er Jahre scheint die Bodhrán vor allem am St. Stephen's Day (25. Dezember) gespielt worden zu sein.
    Am St. Stephen's Day zogen die sogenannten wren boys kostümiert und mit verschiedenen Instrumenten – darunter auch die Bodhrán - von Haus zu Haus, machten Musik und bekamen dafür eine kleine Belohnung.
    Für diesen Brauch gibt es mehrere Erklärungen. So wird, einigen Quellen zufolge, am St. Stephen's Day der Zaunkönig (the wren) gefeiert, weil er, so die Legende, einmal einen Flugwettbewerb unter den Vögeln gewonnen haben soll. Einer anderen Geschichte zufolge hat der Zaunkönig St. Stephen begrüßt, als er aus dem Gefängnis entlassen wurde. Eine für den Zaunkönig wenig schmeichelhafte Variante besagt allerdings, dass er die Soldaten erst auf die Spur des Heiligen geführt habe. Das würde erklären, warum die Wren Boys früher einen Zaunkönig fingen und ihn in ihrem Zug mitnahmen.
    Wie dem auch sei – man nimmt allgemein an, dass die Bodhrán, bevor sie sich als Begleitinstrument in der traditionellen irischen Musik etablierte, ihre Wurzeln im Spiel der Wren Boys hat. J. B. Keane hat ihnen mit seinem Roman "The Bodhrán Makers" ein amüsantes literarisches Denkmal gesetzt. Auf die Entwicklung des klassischen und modernen Bodhránspiels haben die Wren Boys allerdings keinen Einfluss mehr gehabt.



    Literaturauswahl:
    Fuireastail, Máirtín de: Hunting the Wran [sic]. In: Treoir, Vol. 5, Nr. 6, 1973, S. 2-4.
    Keane, John B.: The Bodhrán Makers. Dingle: Brandon, 2002.
    McCrickard, Janet E.: The Bodhrán. 2nd edition 1996, reprint. Crediton: OÂ’Connell, 1998. [1st edition: Glastonbury (?): Fieldfare Arts & Design, 1987.]
    Molyneaux, William: With Tambourines and Wren Boys. In: Treoir. Iml 12 1980, Uimhir 6, pp. 5 – 6.
    Muller, Sylvie: The Irish Wren tales and Rituals. In: Béaloideas. Journal of the Folklore of Ireland society. Vol. 64-5, 1996-97, S. 131-169.

  • mumming groups

    Die Armagh Rhymers sind allerdings eine sogenannte mumming group; im Gegensatz zu den Wren Boys waren Mumming Groups nicht an das Herumziehen von Haus zu Haus am St. Stephens Day gebunden. Außerdem spielte bei den Mumming Groups die Musik eine kleinere und das Theaterspielen eine größere Rolle als bei den Wren Boys. Das sieht man auch an den Bildern: im Gegensatz zu den in der allgemeinen Literatur abgebildeten Wren Boys sind die Armagh Rhymers doch etwas aufwändiger kostümiert - vor allem die Gesichtsmasken sind nicht unbedingt typisch für Wren Boys.
    Davon abgesehen sind die Fotos schöne Beispiel für eine Mumming Group. Und da sowohl Mumming Groups als auch Wren Boys ähnlich zauselige Kostüme hatten, vermitteln die Bilder immerhin eine Ahnung davon, wie die Wren Boys rumgelaufen sind.

    Gruß von Moritz

  • Nö,
    die Wren-Boy-Tradition gibt's genauso in Ulster, also in der nordöstlichsten Ecke von Irland. Richtig ist, dass die Reste dieser Tradition - laut Vallelys Lexikon - heutzutage besonders stark im Süden und Osten von Irland vertreten sind.

    Gruß von Moritz

  • ich hätte da noch eine andere Variante anzubieten ;)

    Zitat

    Another legend holds that during the Viking raids of the 700's, Irish soldiers were betrayed by a wren as they were sneaking up on a Viking camp in the dead of night. A wren began to eat breadcrumbs left on the head of a drum, and the rat-a-tat-tat of its beak woke the drummer, who sounded the alarm and woke the camp, leading to the defeat of the Irish soldiers and the continuing persecution of the wren.

    Quelle: North of Boston Library Exchange



    Allerdings muss noch gesagt werden, dass die Tradition der Wren Boys keine christliche Tradition ist, sondern keltische Wurzeln hat:

    Zitat

    Celtic myth had it that the robin that was suppose to represent the New Year killed the wren which represented the Old Year during this time. Wren Boys blacken their faces and go from house to house asking for money to bury the wren. The money they collect is used to buy food and drink for the "wren dance" held on this night.



    Interessanterweise zeigt sich hier ein Phänomen der Irischen Geschichte: die Verschmelzung keltischer Traditionen mit der christlichen Kultur. Da die katholische Kirche den Einfluss der keltischen Kultur nicht völlig auslöschen konnte, wurden keltische Rituale einfach "uminterpretiert", wie man das am Beispiel des St. Stephen's Day gut sehen kann.

    Keltische Grüße
    Michael

  • Hallo Alfred,

    nach Such gab es das Hunting of the Wren - also das, was der irischen Wren-Boy-Prozession vorausgeht - auch in England, Schottland, Frankreich und der Isle of Man. Nach McCrickard gab es diesen Brauch bis vor kurzem noch in Teilen Frankreichs und der Isle of Man. Allerdings sagen weder Such noch McCrickard ausdrücklich, ob außerhalb Irlands an diesem Brauch auch Wren Boys und die Bodhrán dranhingen.

    Gruß von Moritz

    P.S.: Meiner Meinung nach wird das Thema Wren Boys manchmal überbewertet. Für die Entwicklung der Bodhrán haben erst die letzten Jahrzehnte die entscheidende Rolle gespielt, da ging's wirklich ab. Die Wren Boys hatten damit schon nichts mehr zu tun.