Oberhalb der Fellhand spielen? Unterhalb der Fellhand spielen? Auswirkungen, Vor- und Nachteile

  • Hallo


    Eigentlich wollte ich den thread nicht weiter mit meinen Beiträgen überfluten, und manches geht auch schon vom eigentlichen Thema ab. Aber weil es gerade so spannend ist, kann ich mich doch nicht bremsen.


    Andreas

    Danke für Deine 1:1 Schilderung vom Spielstil Aimees. Wer Schulter/Arm-Probleme hat (haben wir das nicht alle mal, aus welchem Grund auch immer?), könnte vielleicht daran denken und profitieren.


    ...aber Du denkst schon daran, dass es ein weiter Spagat zwischen Deinem angefragten "was ist für Anfänger warum besser" und einem einstudierten Teacher's Recital Show off beim Creacann ist, gelle?

    Die Frage nach der Homeposition für Anfänger war von mir ein Anschub in eine Denkrichtung im Sinne der Ausgangsfrage, nachdem ich gemerkt hatte, dass die Diskussion sich mehr um die Berechtigung der Fragestellung an sich drehte.

    Außerdem sind die Anfänger von heute die Weltmeister von Morgen.


    Homeposition: Diese ist bei mir am Anfang in der Mitte.

    Du meinst jetzt aber die Anfänger und nicht Deine eigene Homeposition, oder?


    Einen ganz sauberen Ton kann es aus physikalischen Gründen nicht geben, da wir ein Fell ohne Paukenkessel haben und keine Saite.

    Meinst Du damit, dass eine Trommel als Voraussetzung zum Produzieren sauberer Töne zwingend einen Kessel ähnlich der Pauke benötigt? Aber das Video mit Cormac hast Du gesehen? Darin wird ja gerade bewiesen, dass sogar eine ungetapte Bodhrán saubere Töne in direkter Gegenüberstellung zu einem Saiteninstrument produzieren kann! Einen besseren Beweis kann ich mir jetzt nicht vorstellen.


    Trotzdem habe ich heute mein Stimmgerät ausgepackt, das ich noch nie an meine Bodhrán gelassen habe, und mal die Probe aufs Exempel gemacht. Ich habe eigentlich erwartet, dass die Nadel Walzer tanzen würde, aber siehe da, nach ein paar Justierungen stand die Nadel still und gerade auf dem "D". Das "A" darüber habe ich auch noch klar hingekriegt.


    Zusätzlich habe ich noch meine Rototoms aus dem Winterschlaf geholt und getestet. Rotoms haben ein Tomfell und eine zentrale Stimmmechanik und sonst nix, also null Rahmen oder gar Kessel. Die habe ich dann auch mit dem Stimmgerät getestet und erstaunt festgestellt, dass sie aufs Hertz genau stimmbar sind, die Nadel steht wie eine Eins.


    Die Verhältnisse unter den Rahmentrommeln bez. Grundtonerzeugung sind unterschiedlich.

    Wikipedia sagt dazu unter "Membranophon":

    "Je nach Konstruktion des Membranophon entsteht beim Anschlagen ein Klang mit einem deutlich hörbaren Grundton oder auch ein eher diffuses Gemisch verschiedener Frequenzen."


    Dann habe ich mich noch an ein Heft erinnert, das ich seit meinen Anfängen vor über drei Jahren nicht mehr in der Hand hatte:


    Moritz Wulf Lange, Handbuch für Bodhránspieler, 2004

    (Ein komisches Gefühl, das nochmal zu lesen, damals habe ich das meiste kaum verstanden.)


    Darin steht, Zitat:

    "Traditionell wird die Bodhrán nicht auf einen bestimmten Ton gestimmt......"


    "Zwei der ganz wenigen Bodhránspieler, die die verschiedenen Tonhöhen der Bodhrán konsequent und gezielt nutzen, sind Donal Lunny aus Irland und Klaus Gehrmann aus Deutschland. Ein interessanter und wenig beachteter Aspekt ist der Tonumfang der Bodhrán. Bis heute nutzen nur wenige Bodhránspieler gezielt die Möglichkeiten, entsprechend dem Melodieverlauf ganz bestimmte Töne (Z.B. für Basslinien) zu spielen. Klaus Gehrmann hat sich intensiv mit dem Klangspektrum der Bodhrán beschäftigt und dämpft zum Spielen einzelner Töne an ganz bestimmten Punkten des Felles (Abb.10). Er variiert die Tonhöhe über den Umfang von ca. zwei Oktaven über die Töne D, E, G, A, d, e, g und a. Sein Spiel kann man vielleicht am besten mit dem Stichwort melodische Rhythmusmuster beschreiben."

    8|:/ ZWEI Oktaven!!?


    Aber, weiter vorne:

    "Zusammen mit dem Akustiker Thomas Behr hat der Autor einige Messungen am Fell einer Eckermann-Bodhrán (Felltyp: dünn und weich) durchgeführt. Das Ergebnis bestätigt die Möglichkeiten, einzelne Töne im Umfang von insgesamt zwei Oktaven sauber zu spielen. Im Versuch wurden die besten Ergebnisse erzielt, wenn das Fell statt mit der Hand mit einem runden Klangholz (Clave) aus Palisander abgedämpft wurde."


    (He, das ist doch meine Idee mit dem Klangholz und den besten Tönen!! Muss ich wohl unterbewusst gespeichert haben.)


    "Weil die Frequenzen der verschiedenen Eigenschwingungen eines Tones auf der Bodhrán kein harmonisches Verhältnis zueinander aufweisen, ist eine saubere Intonation schwierig zu erreichen"

    Vielleicht hast Du das so gemeint, Rolf.


    Aber:

    "Dennoch ließen sich z.B. Grundton, Quarte, Quinte und Oktave mit einer Abweichung von nur wenigen Cent (ein Halbton entspricht 100 Cent) spielen."


    Also den Herrn Gehrmann würde ich gerne mal hören!


    Für mich persönlich wird ein "sauberer" Ton dahingehend definiert, dass ich ihn erkennen und nachsingen kann. Wenn dies der Fall ist, dann reicht das allemal, um ihn gezielt einsetzen zu können. Schließlich sind tiefe, gezupfte Kontrabassstöne auch nicht so einfach zu identifizieren und trotzdem fundamental wahrnehmbar. Im Duo mit meinem box-Mitspieler habe ich die Aussage schon gehört, die Bodhrán klänge wie ein Kontrabass. (Aber nur auf dem Basston!)


    Zum Schluss noch eine Bemerkung zu den Begriffen "Klang" und "Ton". Ein Ton ist in seiner Tonhöhe definiert. Ein "Klang" kann, muss aber nicht ein "Ton" sein. Wenn wir also von "Tönen" auf der Bodhrán sprechen, dann eigentlich immer auch von Tonhöhen mit Tonnamen, obwohl es meistens nicht so gemeint ist. Das kann man aber nicht trennen, wie ich finde. Der eine hat einen Basston auf Tonhöhe gestimmt, der andere nicht und nennt ihn trotzdem Basston. Das will ich nur erwähnen, weil es für Nichtbodhrani irreführend sein könnte.


    Viele Grüße,

    Lance

  • Moin!

    Ich bin aufgrund der Nähe zu Craiceann etwas in Zeitnot, daher nur kurze Antworten...vielleicht :-)

    Du meinst jetzt aber die Anfänger und nicht Deine eigene Homeposition, oder?

    Ich meinte primär die Anfänger, genau. Ich finde es extrem wichtig, denen Orientierung auf dem Fell zu geben, da sonst die Fellhand gerne wirre und auch tonal unnütze Bewegungen macht. Daher versuche ich, da erst mal Struktur reinzubringen.

    Habe ich sowas wie eine Homeposition oder Startposition? Nicht wirklich, ich fange einfach mit dem an, was ich spielen will. Das ist aber, gerade in der Session schon mal gerne die oben beschriebene Homeposition...


    Dann: Ja, das Video habe ich nicht nur gesehen, ich saß ungefähr 3m daneben, als das Video aufgenommen wurde.
    Fakt bleibt aber: Natürlich kann man sich dem annähern, aber man kann die Physik nicht besiegen: Eine Membran ist zweidimensional, produziert damit also eine Menge mehr Obertöne, davon ist ein Teil nicht passend zum Grundton und damit verfälscht es den Ton. Wenn man also Cormacs Ton und den der Geige aufzeichnet und analysiert, sehen die deutlich anders aus.
    Bleibt die Frage, was beim Zuhörer ankommt und wie das wahrgenommen wird. Das ist eine äußerst spannende Frage der Psychoakustik, die hier gerade meinen zeitlichen und Wissensrahmen sprengt. Das ist eigentlich der nächste Schritt nach unseren Versuchen mit der Bodhran an der Uni München, aber das ist leider sehr aufwändig und kostspielig.

    Der Herr Gehrmann war tatsächlich der erste, der mir was auf der Bodhrán gezeigt hat. Der wohnte in den 90ern in Hannover. Jetzt wohnt er in Frankreich und ich weiß nicht, ob er überhaupt noch Bodhran spielt. Er spielt jetzt mehr Dudelsack und Geige und so.
    Klaus ist (oder war?) ein sehr guter Bodhranspieler, dem ich einiges zu verdanken habe.


    Grüße

    Der Rolf