Neues von LISA

  • Moin,

    sorry, OT weiter ... oder sollen wir eigenen Thread dazu aufmachen?

    Natürlich ist es ein Unterschied, ob ein Kind quasi versklavt in einem Steinbruch oder noch schlimmer in der Prostitution "arbeitet" oder ob ein Kind Zeitungen austrägt. Ich halte den Begriff Kinderarbeit auf erstere bezogen eh für verfehlt, das sind Verbrechen an Menschen. Wenn Kinder in einem Familienbetrieb mithelfen, tragen sie hingegen zum Familienunterhalt bei, werden wahrscheinlich nicht geschunden und können sogar noch stolz sein bzw. das Geschäftsmodell auch im Erwachsenenalter fortführen.

    Das ist ja, was ich mit Differenzierung meinte. Das Problem ist, dass man ganz generell gegen Kinderarbeit ist und das auch hier politisch korrekt ist, wobei die Korrektheit mitunter absurde Züge aufweist:

    Zitat

    Gewerbeaufsichtsamt: Singen beim Thomanerchor ist Kinderarbeit



    Differenziert z.B. hier:

    Zitat

    The one key area that is being addressed, even in Third World countries, is that children may work as long as it does not interfere with their education. A number of articles which have interviewed Third World children have found that they WANT to both work AND study



    Arbeit und Schule/Studium schließen sich nicht aus. Während in Deutschland viele Kinder nach der Schule am Gameboy rumdaddeln oder auf noch schlimmere Weise verblöden, lernen manche Kinder in ärmeren Ländern von Kindheit an, was es heißt, sich durch Arbeit ein besseres Leben zu ermöglichen, sich durch Leistung Respekt zu verschaffen und gesellschaftlich zu integrieren.

    Um es noch mal klarzustellen: Ich bin kein Freund von Kinderarbeit, wenn

    - Kinder dazu gezwungen werden
    - Kinder unter unmenschlichen und gesundheitsgefährdenden Bedingungen arbeiten müssen
    - Kindern durch die Arbeit der Schulbesuch verunmöglicht wird

    Des weiteren ist ja auch das Alter entscheidend: Ab 12 ist man in vielen Ländern ja fast schon erwachsen. In Deutschland sind die Kinder oft mit 30 noch in der Ausbildung. Nur mal als Vergleich.

    Ich war vor 10 Jahren 3 Monate in Indien in einem Dorfentwicklungsprojekt, wo ich mir einen guten Überblick verschaffen konnte über die kulturellen Unterschiede zwischen Ost/West reich/arm oder gebildet/ungebildet oder auch modern vs. traditionell. Damals musste ich viel von meiner Naivität preisgeben, das war nicht einfach, aber sehr bereichernd. Beispielsweise musste ich lernen, dass eine bessere Bildung nicht automatisch zu mehr Wohlstand führt, sondern im Gegenteil die Probleme in einer Gesellschaft sogar verschärfen kann.

    Ich möchte nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht über mich. Ich will lediglich darauf hinweisen, dass man die Dinge differenziert betrachten sollte, wenn man eine ausgewogenen Diskussion führen will. Je mehr man weiß, desto rationaler kann man die Diskussion führen. Bisher ist das eher wie Stochern im Nebel.

    Es wurde hier die pakistanische Bodhran angesprochen, die offensichtlich billiger ist und in der Qualität nicht mit einer z.B. hier hergestellten konkurrieren kann.

    Ich habe jetzt eine Stunde recherchiert (Google). Konnte keinen Hinweis darauf finden, dass speziell Bodhrans oder Trommeln generell durch ausbeutende Kinderarbeit hergestellt werden. Allerdings gibt es - worauf Christian zurecht hinwies - Berichte über miserable Arbeitsbedingungen in Gerbereien, die quasi eine Vorstufe für den Trommelbau darstellen.

    Ich schätze mal, dass es schwierig bis unmöglich ist, die Herkunft und den Herstellungsprozess jedes einzelnen Bestandteils einer Bodhran nachzuvollziehen. Da sind Trommelbauer wie Christian sicher hinsichtlich Transparenz besser aufgestellt und die meisten "Zutaten" werden bekannt sein.

    Die Transparenz bei pakistanischen Trommeln ist ungleich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Da muss man sich auf die Aussagen der Lieferanten verlassen. Als ich meinen Teppich mit Qualitätssiegel "ohne Kinderarbeit" von Rugmark kaufte, musste ich auch feststellen, dass selbst diese Siegel nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie auch das halten, was sie versprechen. Eine lückenlose Kontrolle ist unmöglich. Man ist größtenteils auf die Ehrlichkeit der Aussagen der Lieferanten angewiesen.

    Ob jemand eine Pakistanitrommel kauft oder nicht, muss doch jeder selber entscheiden. Der Verkäufer sollte möglichst darauf achten, unter welchen Umständen eine Trommel produziert wurde, ob Kinderarbeit geleistet und wenn ja, unter welchen Bedingungen sie ausgeführt wird.
    Dass sich diese Kontrolle nur Großhändler leisten können, liegt auf der Hand.

    Mein Fazit: Wer es mag, soll halt ...

    es sind aber eben nicht die hochwertigsten Trommeln. Aber das ist schätze ich jedem klar mittlerweile.

    Mir selber sind solide handwerkliche Praxis und vor allem der Klang und die technischen Spielmöglichkeiten, das Handling usw. wichtiger als der Preis. Man muss auch die Kontaktmöglichkeit zum Hersteller berücksichtigen. Ich war auch schon bei Seamus, und er hat meine erste Trommel vor Ort repariert - während ich mit Tee und Sandwiches mehrfach ausgestattet gerne darauf gewartet habe. :-)

    So long...

    liebe Grüße

    Mat

    Singen beim Thomanerchor ist Kinderarbeit

    Pros and Cons of Child labour

    Child labour is a way of live

    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano



  • immer noch OT

    Hallo Mat,

    schönen Dank für Deinen Einsatz und Deine Recherche, die hilft, ein paar Schneisen in das Thema zuschlagen. :))


    Fakt bleibt: wie als sogenannte erste Welt profitieren auf vielen Ebenen von schlechten Arbeitsverhältnissen/-bedingungen in der sogenannten dritten Welt.

    Dieses bei fairem Einkauf zu berücksichtigen - bis hin zum Bodhrankauf aus Irland, Holland, Österreich oder Bayern - verändert nicht sofort die Welt, aber zeigt den Wert der Sachen auf, monetär, ideel und auch handwerklich/musikalisch.

    ("Support your local dealer" oder "Global denken, lokal handeln").

    Wenn wir für all unsere Einkäufe faire Preise zahlen würden, könnten wir uns vieles nicht mehr leisten (und die "dritte Welt" wäre vielleicht keine mehr oder ginge es doch deutlich besser... Umweltprobleme durch verstärkten Industrieeinsatz jetzt aussen vorgelassen).

    Liebe Grüße

    Winfried