Zur Lage der irischen Musik

  • Zitat

    Was meinst du Mat !!!



    Hi Josh,

    ob was ich meine von irgendeiner Relevanz ist? ?(

    Ich mein, die großen Zeiten des Irish Folk sind vermutlich vorerst vorbei, wir sind eigentlich Dinosaurier, vom Aussterben bedroht. Aber ich würde sehr vermuten, dass es in einer Stadt wie Augsburg doch noch den einen oder die andere geben müsste, die ein wenig Gefallen an dieser exotischen Stilrichtung hat. An deiner Stelle würde ich einfach mal ganz frech in den Augsburger Stadtanzeigern oder keine Ahnung was es da alles gibt annoncieren. So hat es hier in Kassel ja auch vor 4 Jahren mal angefangen.

    Ach was, trommel einfach ein paar Leute zusammen!!!!

    :D

    Gruß

    Mat

    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano

  • Zitat

    interessante These, wie kommst Du darauf ???



    Moin Rolf,

    mein Eindruck ist, dass die Hoch-Zeiten des Irish-Folk in den 80er waren, wie überhaupt des Irischen. Ich bezieh meine Aussage allerdings nur auf Deutschland.

    Ich hatte zum dem Thema viele Gespräche mit unserem alten Wirt in Kassel, der den Irish Pub dort ziemlich lange geschmissen hat, der kennt sich gut aus in der Szene. Ist auch schon ca. 60 und schon lange im Geschäft.

    Bemerkbar macht sich die Entwicklung m.E. an diesen (subjektiven) Punkten:

    - vielen Irish Pubs in Deutschland geht es finanziell im Moment mehr schlecht als recht
    - die Sessions sind zwar von einer wachsenden Zahl an Musikern besucht, aber komischerweise nicht von einer wachsenden Zahl an Zuhörern
    - die Konzerte der super Trad-Bands (Dervish, Flook, Lunasa) werden nicht gerade "gestürmt" (in der Itrad gabs dazu ja kürzlich ne Meldung)

    Ob das objektiv wirklich alles so ist kann ich leider nicht sagen. Ist mein Eindruck, ich versteh auch nicht warum das alles so sein soll. Vielleicht ist "Irland" nichts "besonderes" mehr, seit man da für nen Appel und ein Ei hinfliegen kann, bzw. Irland sich sehr europäischen Verhältnissen und Marotten angenähert hat (Böll würde sein Irland nicht mehr wiedererkennen). Der Nachwuchs in D. findet die irische Musik auch nicht besonders kultig. Die Leute, die noch einen Faible für irische Musik haben, sind im Schnitt vielleicht 40-50 Jahre alt. Auf den Konzerten von Dervish, Flook der letzten Jahre war das jedenfalls mein Eindruck.

    Ist mir aber alles einigermaßen egal, ich liebe diese Musik und brauch das.

    viele Grüße

    ;)

    Mat

    (müsste eigenlich in einen Extra-Thread)



    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano

  • Zitat

    Original von Mat


    mein Eindruck ist, dass die Hoch-Zeiten des Irish-Folk in den 80er waren, wie überhaupt des Irischen. Ich beziehe meine Aussage allerdings nur auf Deutschland.



    Moin
    hmm wenn dann eher die Ende der 80 und die 90er, da hat sich doch hier und auf dem Rest der Welt am meisten getan. In den 80ern selber war es eher mau.


    Zitat

    - vielen Irish Pubs in Deutschland geht es finanziell im Moment mehr schlecht als recht



    Hmm, das ist wohl regional unterschiedlich, hier in Hannover sind die immer rappelvoll. Aber weniger wegen Irish Folk, sondern weil nette Kneipen.

    Zitat

    - die Sessions sind zwar von einer wachsenden Zahl an Musikern besucht, aber komischerweise nicht von einer wachsenden Zahl an Zuhörern



    Aber wachsende Zahl von Musikern spricht doch für Irish Trad. Je mehr Leute die Musik aktiv betreiben, um so besser. Zuhörer ? Kommen und gehen.

    Zitat

    - die Konzerte der super Trad-Bands (Dervish, Flook, Lunasa) werden nicht gerade "gestürmt" (in der Itrad gabs dazu ja kürzlich ne Meldung)



    Jau, das ist schade, andererseits gibts endlich mal Lunasa in D


    Zitat

    Der Nachwuchs in D. findet die irische Musik auch nicht besonders kultig. Die Leute, die noch einen Faible für irische Musik haben, sind im Schnitt vielleicht 40-50 Jahre alt.



    Hmm, das kann ich nicht bestätigen, es gibt auf den vielen Workshops immer wieder junge Menschen, die den Weg zur Musik finden. Im München war der Durchschnitt beim Irish Folk Weekend eher um die 20-30 als 40-50.
    In Irland ist es eh voll angesagt, aber auch hier kommen junge Leute nach.

    Zitat


    Auf den Konzerten von Dervish, Flook der letzten Jahre war das jedenfalls mein Eindruck.



    Vielleicht müssen wir unterschieden zwischen aktiven Musikern und Zuhörern, aber auch bei den Zuhörern bei unseren Konzerten sind jüngere Leute dabei und nicht nur das Mittelalter.

    Grüße
    Der Rolf

  • Moin Mat,

    das mit dem Rückgang sehe ich ähnlich, aber ob das wirklich am Desinteresse der Leute liegt?

    Ich glaube in der heutigen Zeit ist der Hauptgrund für die Dinge die Du genannt hast ein anderer. Die Leute haben einfach nicht mehr so viel Gled und daher müssen sie auch sparen. Und das fängt bei einem Kneipen oder Pub Besuch an. Bestes Beispiel war gestern Abend. Im Gegensatz zum Rest des Jahres, bin ich gestern mal in der Woche im Pub gewesen um die hamburger Bodhran Weihanchtsfeier mitzumachen. Für 2 Guinness, zwei Spezi und eine Backkartoffel habe ich mit Trinkgeld 20 Euro bezahlt!!! Das sind knapp 40 DM. Früher hatte ich für das Geld am Wochenende ein Besäufnis damit finanziert. Wenn ich zur Session gehe, zahle ich um die 13 Euro für die selben Bestellungen! Wer soll sich das heute noch leisten. Ich habe keine Kinder und keine großen Schulden, außer ein paar Euro mit dem Dispo. Aber wer sich ein Auto gekauft hat oder ein Haus oder wer Kinder hat, der muß sparen. Dazu kommt auch noch die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Im Fernsehen war vorgestern ein Bericht über Hartz IV. Da war ein Mann der Webdesigner von Beruf war und erzählt hat, daß er noch vor Kurzem 1200 Euro Arbeitslosengeld erhalten hat, jetzt etwa 700 Euro bekommt und wenn Hartz IV voll einsetzt nur noch 350 Euro bekommt. So ein Mensch wird nicht in den Pub gehen oder zu einem Konzert kommen.

    Bei den Konzerten kommt noch hinzu, daß viele Veranstaltungen nicht mehr kulturell gefördert werden und sich somit selber tragen müssen. Daher nehmen viele Veranstalter auch höhere Eintrittssummen oder veranstalten weniger Konzerte, da so das Gesamtrisiko geringer ist. Ich habe mehrere Jahre bei Karsten Jahnke in Hamburg als Booker gearbeitet und Konzerte organisiert oder bei größeren Sachen mitgeholfen. Das waren Touren von Herbert Grönemeyer, Achim Reichel, Al Jarreau, Scooter, Blümchen, Altan, Martin Hayes und dem Scottish Folk Festival. Schon damals meinte Karsten, daß die Leute früher in drei Konzerte im Jahr gegangen sind, heute sich aber überlegen in welches der drei Konzerte sie gehen!!! Und diesen Trend bekommen die Pubbesitzer genau so zu spüren, wie wir mit unseren kleinen Folk Bands. Ich kenne bis auf zwei drei Bands keine, die von sich behaupten mehr Konzerte als in den Vorjahren zu machen. Viele Veranstalter zahlen auch keine Festgagen mehr und verteilen so das Risiko.

    Einige Pubs in Deutschland sind aber bestimmt auch gestorben oder sind kurz davor, weil sie glaubten, ein Guinness-Schild vor der Tür macht eine Kneipe zu einem Pub. Das ist bestimmt nicht in allen Fällen so, aber ich habe in 15 Jahren so viele Pubs sterben sehen, das mich nichts mehr wundert.

    Das Irish Folk eine Randerscheinung geworden ist glaube ich nicht. Der Gegenpol zur synthetischen Musik ist immer gefragt. Der Weg Back to the Roots und zu "handgemachter" Musik ist da und bleibt bestimmt auch immer. Irish Folk ist ein Phänomen. Ein Grund ist bestimmt in der großen Emigration der Iren zu finden. Die Iren sind so über die Welt verteilt, daß es so gut wie kein Land gibt, wo nicht mindestens ein Irish Pub existiert. Damit wächst auch die Verbreitung und Tolerierung des Irish Folk.

    Vielleicht hat die irische Musik ein kleines Formtief, aber als Dinosaurier der Weltmusik würde ich uns nicht bezeichnen...

    Guido

  • Hallo,

    wenn hier schonmal aus meinem Aufruf so ein schönes eigentlich interessantes Diskussionsthema aufkommt möchte ich meinen Senf auch dazugeben. 8)

    Ich denke dass auch Konzerte wie z.B. Flook oder Lunasa mit Sicherheit besser besucht bzw. ausverkauft wären, wäre der Bekanntheitsgrad ausserhalb der Irish Folk Szene größer. Ich kenne durchaus einige Leute die auch Irish Folk gerne hören, sogar betreiben, aber noch nie was von Lunasa oder Flook gehört haben. Die kennen halt mehr die Chieftains, die Bothy B, Christie Moore oder die Dubliners.
    Wie man diesen Personenkreis ansprechen könnte weiss ich nicht genau. Das Alter allerdings finde ich auch durchwachsen von jung bis alt. (rein meiner bisherigen Beobachtungen)



  • Moin moin,

    da hab ich ja was angerichtet mit meiner etwas überspitzten Dinosaurier-Formulierung!

    Aber das Thema hat denk ich viele Facetten. Grundsätzlich denk ich auch, dass man Teile davon anhand der wirtschafltich miserablen Lage erklären kann. Ich finde die Preisentwicklung auch ziemlich rasant und 40 Maak für ein bisschen Flüssignahrung und ne Kartoffel halt ich auch für übertrieben. Andererseits muss man nur mal schauen, für was die Leute sonst noch alles Geld haben. Gestern haben die Leute 90 Mio Euro in die Lotterie investiert. Okay, ich war auch dabei und hätte mir den Jackpot gegönnt. Aber die Kids hatten wohl selten so viel Geld wie im Moment.

    Für die musikalisch-gastronomische Flaute (nicht in Hannover, seid froh) gibt es viele Erklärungsansätze:

    - weniger Geld
    - Rückzug ins Private
    - mehr virtuelles als reales Erleben
    - zu großes Angebot an Alternativen
    - lieber McDonalds als McGoldrick
    - riesiger Konkurrenzkampf in der Gastronomie (wenn man noch was bieten will, muss schon eine Stripperin her)
    - Voherrschen bestimmter Stilrichtungen in den Medien (Folk viel zu wenig in den Medien, Radio, Fernsehen etc., bin mir sicher, wenn RTL einen Live-Mitschnitt von Flook zeigen würde, wären die Buden voll, aber ist im Moment halt nicht angesagt, lieber USA-Verdummung)

    Was mir aktuell Sorgen macht, dass unsere neue Sessionlocation, in der wir seit kurzem spielen, den Bach runtergeht. Wir haben bereits ein paar mal wirklich nur für uns und die Bedienungen gespielt, lang geht das nicht mehr. Und das in einer Kneipe, die selber noch Bier braut...

    Das ist vermutlich der Hauptgrund, für meine Dinosaurier-Formulierung....

    Wer sagt denn dass Dinosaurier keinen Spaß am Leben hatten? Okay, der allerletzte vermutlich nicht mehr....8)

    However...

    es grüßt euch

    Mat

    ;)

    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano

  • erstmal vorweg:
    super diskussion - aber n bisschen off-topic geworden oder?
    (nachdem der rolf das grad ruck zuck verschoben hat passt das hier wohl nimmer so wirklich.... ich lass es trotzdem stehen :D hallo rolf *gg*)

    was ich eigentlich sagen wollte:

    ich geb mal mat recht wenn er sagt

    Zitat

    Voherrschen bestimmter Stilrichtungen in den Medien (Folk viel zu wenig in den Medien, Radio, Fernsehen etc., bin mir sicher, wenn RTL einen Live-Mitschnitt von Flook zeigen würde, wären die Buden voll


    stellt euch mal flook mit ner PR vor wie's die "deutschland sucht den superkasper" leute haben oder so.... oder sonstige "aufgebauschten" pseudostars......
    flook wäre weltberühmt, millionenschwer und immernoch irre gut :]

    leider haben irish folk bands nich so das medieninteresse.... und daran liegts wohl

    ich werd heut abend im pub spielen - und ich bin mir sicher dass mindestens 2 leute kommen - weil ich mit denen hinfahr..... aber es gab auch schon abende wo dann insgesamt ca 5 leute mal bei uns "publikum" waren
    ÜBER DEN ABEND VERTEILT! :(
    das pub hat drei räume - und ich kann fast immer wetten dass wenn jemand kommt...... zu 80% in nen anderen raum geht........... sowas is doch ne echte demütigung oder?

    allerdings is die wirtin fan und spendiert uns essen und trinken für's spielen - und ich hab wenigstens mal die möglichkeit mal ohne CD zu spielen.... ansonsten wär ich glaub ich ZU sehr frustriert.....


    naja - ich hoff das war jetzt nicht ZU off-topic ;) und passt einigermassen.....

  • Moin
    ich denke man muss unterscheiden zwischen Musikern:
    da siehts mit Nachwuchs doch recht gut aus und es kommen immer wieder neue Leute dazu

    und

    Konzertbesuchern:
    Da siehts so aus wie Guido geschrieben hat, die Leute überlegen halt, wo sie ihr knappes Geld lassen.
    Das generelle Interesse halte ich nicht für geringer, aber die Bereitschaft, dafür Geld auszugeben schon.

    @Tim:
    So eine Session ist doch für Euch, weil Ihr Spaß an der Musik habt, und nicht für das Publikum. Die kommen ja nicht dahin und freuen sich auf ein Konzert/ Session, sondern sind erstmal überrascht, dass da was geht, halten erstmal Abstand, weil sie so was nicht kennen, oder vielleicht einfach Ihre Ruhe haben wollen und ein wenig quatschen, fummeln, was weiß ich.
    Das würde mich nicht frustrieren oder gar demütigen, wieso denn ?

    Grüße
    Der Rolf

  • josh hat's gerafft :D
    allerdings is es immer wieder frustrierend.... (publikum.....)
    weil wir sind ANGEKÜNDIGT an dem abend als live musik.

    also so'n zwischending aus session und konzert

    also is es durchaus deprimierend @ rolf
    deswegen mutiert das ganze dann eben zu "naja scheiss drauf - dann üben wir halt neue stücke und trinken dazu n lecker guinness"
    quasi unser probenraum mit bier und ab und zu klatscht mal einer ;)
    klingt lustig is trotzdem n grund gefrustet - weil man doch n gewissen aufwand hat und übt und auch was kann - das dann aber irgendwie untergeht.....

    naja egal......

    ich versuch's so zu sehen wie josh es formuliert hat

    Zitat

    frustriert wenn er immer nur zur CD spielen müsste.


    und deswegen freu ich mich dann DOCH immer drauf
    :D

    danke josh - den werd ich haben :)

  • Zitat

    Konzertbesuchern: Da siehts so aus wie Guido geschrieben hat, die Leute überlegen halt, wo sie ihr knappes Geld lassen.



    Mag sein, dass es so ist. Wer ist nicht knapp bei Kasse?

    Aber trotzdem: wenn da ne Topband die wirklich gut ist, international bekannt, die sämtliche Folk-Awards abräumt, von der man über die Medien gehört hat/hätte ... zu nem Preis von 2 Kinoeintritten (?!) oder 3 Schachteln Kippen (*bäh*) spielt, ich mein, wer geht da nicht hin???

    Bin ich abartig veranlagt, dass ich, wenn es sein muss, hunderte von Kilometern durchs Land fahr, um so eine Band zu hören? ?(

    Noch was: mein Eindruck bei Flook/Dervish-Konzerten war immer, dass sich da vor allem sozialdemokratisch-grüne Leute rumtreiben, denen es finanziell gar nicht so schlecht geht, die sich irgendwo im Mittelalter befinden und einigermaßen gut situiert sind und klar - es sich schlichtweg leisten können.

    Ich hab in nem Pub in Macroom/Irland mal eine Horde junger, wirklich sehr abgetaktelter aber netter Jungs kennengelernt. Die hatten bestimmt nicht viel Kohle, investierten aber alles in Pints. Auf meine Frage hin meinte einer nur: "It always depends where you lay your favour on". :]

    Ich meine, hier ist es mit dem favour für Irish Folk vielleicht derzeit nicht zum Besten gestellt.

    Mag sein, dass mein Eindruck täuscht. Aber vielleicht lügt man sich in die Tasche, wenn man es mangel anderer Beweise nur auf´s Geld schiebt.

    schönen Abend noch

    viele Grüße

    Mat

    ;)

    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano

  • Und nun noch etwas Senf vom Ralf:

    Meiner Meinung nach ist das mit der irischen Musik auch ein PR-Problem:
    Hätte ich nicht vor 8 Jahren zufällig einen Kumpel kennengelernt, der auf einer Session gefiddelt hat und sagte: Komm doch mal mit..., wüßte ich heut noch nicht was für Energiebomben da hochgehen, geschweige denn hätte ich da diese Trommel gesehen....

    Es gibt ne Menge Leute, die irische Musik generell mögen, aber die fangen keine Recherche an, um Perlen wie Lunasa oder Flook herauszufischen.

    Jüngstes Beispiel
    Hamburg, Mitte Oktober, "Irish Folk Festival" (da weiß jeder um was es geht): Ausverkauftes Haus, Publikum querbeet gemischt.
    Hamburg, Mitte November, "Lunasa" (das muß man kennen):
    Die (fast) kompletten Insider von Hannover bis Flensburg, aber eben nur zur Hälfte besucht.

    Und: wenn man´s nur 2 x im Jahr hört, ist es einfach "irish folk", egal was, und man kriegt die feinen Unterschiede zwischen den vielen Bands gar nicht mit.

    Tja, als Abhilfe fällt mir da nur ein: Man schreib einen Dancefloor-Tune, produziere ihn à la Bohlen, betreibe tierisches Marketing, suche den schrillsten Bodhranisten als Interpret (na, wer meldet sich freiwillig ???) und ab in die Hitparaden !!! ;)

    Ich denke ja, im Laufe des Mode-Recycling (60er, 70er, 80er, 0815er) besteht die sichere Chance für ein Folk-Revival. Fragt sich nur wann ?(


    Gruß
    vom Ralf


  • Moin,

    was Ralf sagt, habe ich im O-Ton zu meiner Frau gesagt als wir bei Flook waren. Da sitzt man im ¾ gefüllten Bürgerhaus und die im Vergleich ? nach meinem Geschmack ? nicht so guten 4 Bands bis Einzelkünstler füllen eine alte Oper in Frankfurt ? das kann nur ein Marketingproblem sein.

    Was Sessions angeht trifft das meiner Ansicht nach auch zu, ich habe ne weile gebraucht, bis ich alle Sessions in der Umgebung kannte, wirklich ?gelockt? wird man nicht.

    Ein anderer eher selbstkritischer Punkt ist die Musik und der Kontakt zu den Zuhörern. Meiner Meinung nach sind Sessionmusiker ? zumindest wirken sie so ? manchmal etwas arg in sich gekehrt. Sie suchen meiner Meinung nach oft nicht den Kontakt zu Zuhörern, sitzen optisch separat an einem Tisch unterhalten sich i.d.R. untereinander und wirken auf diese Weise manchmal vielleicht nicht so nett wie sie eigentlich sind!

    Ich habe auch schon mitbekommen wie ein irischer Musiker dem einzigen klatschenden Gast gesagt hat, er müsse nicht klatschen, es reicht wenn man ihm ansieht das es gefällt ? toll. Dies ist zwar irisch, entspricht aber nicht so dem deutschen Naturell.
    Ich kenne sogar Musiker, die nicht zur Session gehen, weil es ihnen zu ?kühl? abläuft.

    Mir gefällts trotzdem, aber ich glaube es könnte ?wärmer? bei Session zugehen.

    Gruß
    Oliver

  • Also, ich fühl mich ganz und gar nicht als Dinosaurier!

    Ich fühle mich als Teil einer sehr lebendigen Gesellschaft von Menschen, die Spaß haben am Musizieren. Ich weiß nicht, wie es im Rest Deutschlands aussieht (so einen kleinen Eindruck habe ich jetzt hier bekommen), aber hier in Bonn existiert eine sehr lebendige Musikszene.

    Neulich waren wir mit meiner Band und einer anderen ein Wochenende zusammen weg, um diese ein bißchen unter unsere Fittiche zu nehmen.
    Die Anderen sind zwischen 14 und 18 und ich hatte nicht den Eindruck, daß Irish Trad für sie kalter Kaffee ist. In ihrer Freizeit hören sie natürlich auch gerne Pearl Jam oder die Hosen, aber bei den Sessions, die wir zusammen gespielt haben, kam ein Funkeln in die Augen jedes Einzelnen.

    Im Irish Pub in Bonn gibt es mittlerweile an JEDEM Mittwoch im Monat eine Session, sei es fast oder slow Session, Ballads oder French Session. Das Publikum ist meist recht zahlreich vertreten und auch, wenn nicht immer applaudiert wird, so macht es doch sehr viel Spaß, in einer solchen Atmosphäre zu spielen. Ich kann auch verstehen, daß weniger Publikum weniger Spaß macht, aber letztendlich spielt man doch eher für sich oder unter sich und nicht für Publikum, man gibt ja schließlich kein Konzert.

    Was Konzerte von Irish Folk Bands betrifft, so weiß ich nicht, ob solche Bands außerhalb Irlands jemals große Säle gefüllt haben. Es ist in meinen Augen eine Randmusik für ein paar Eingeweihte und Liebhaber und FLOOK oder Lunasa sind nun Mal nicht Sting oder Joe Cocker. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt den Anspruch oder Wunsch haben, vor großem Publikum zu spielen, dazu wissen Rolf oder Guido sicher mehr zu sagen. Ich für meinen Teil genieße jedenfalls die sehr familiäre Atmosphäre, die ich die Freude hatte, beim letzten FLOOK Konzert in Bonn wieder einmal spüren zu können. Welche anderen Musikern unterhalten sich WÄHREND des Konzerts und auch DANACH mit ihrem Publikum oder essen und trinken anschließend zusammen mit ihnen?!

    Sicher haben die Leute weniger Geld in der Tasche als noch vor ein paar Jahren, aber man sieht es doch an Veranstaltungen wie dem Irish Folk Festival, daß die Musik immer noch in der Lage ist, auch eine Kölner Philharmonie oder andere Säle zu füllen. Aber ganz ehrlich, so richtige Wohlfühlatmosphäre kommt dabei nicht bei mir auf. Es ist meist sehr schöne Musik, die in beeindruckender Manier vorgetragen wird, aber irgendwie auch ein bißchen "seelenlos".

    Wer diese (oder andere) Musik wirklich liebt, der fährt auch für sie ein paar hundert Kilometer quer durch Deutschland, so wie ein Schüler von mir (der sicher nicht die große Kohle hat) Herbert Grönemeyer durch ganz Deutschland auf seiner Konzerttournee gefolgt ist.
    Es stimmt schon, man muß halt Prioritäten setzen, dann kann man sich sowas auch leisten. Sicher war der Junge in dem Jahr nicht in Spanien in Urlaub oder in Österreich zum Ski fahren, aber er hat gemacht, woran wirklich sein Herz hängt.

    Gruß, Andreas

  • Zitat

    Original von ANDI
    Ich für meinen Teil genieße jedenfalls die sehr familiäre Atmosphäre, die ich die Freude hatte, beim letzten FLOOK Konzert in Bonn wieder einmal spüren zu können. Welche anderen Musikern unterhalten sich WÄHREND des Konzerts und auch DANACH mit ihrem Publikum oder essen und trinken anschließend zusammen mit ihnen?!




    Dem kann ich mich nur anschließen. Ich bin für "Randphänomenstatus" eigentlich ganz dankbar. Ich muss mich auf Konzerten nicht von kreischenden Teenies mit Bier und Alkopops bekleckern lassen :D

    (Obwohl das für das Kila Konzert in Dublin jetzt im Herbst nicht galt...Da ging schon ziemlich die Post ab!)

  • Session oder Konzert,

    da gibt es schon Unterschiede, zumindestens meiner Meinung nach.

    Session ist von Musiker für Musiker. Wer das hören mag ist gerne eingeladen, aber das ist kein Wunschkonzert! Die Musiker sind zum Teil ins sich gekehrt, weil sie einfach nur Musik machen wollen!

    Ganz anders das Konzert. Das mache ich für´s Publikum und nicht nur für mich. Wer beklatscht werden möchte, bewundert werden möchte und zeigen möchte was er kann, der soll eine Band gründen und sich auf die Bühne stellen. Dafür sind Konzerte da. Wer dann noch gut ankommt hat die ersten Fans gewonnen. Wer nicht gut ist wird nicht mehr besucht. Da trennt sich die Spreu von Weizen....

    Einige Leute scheinen aber eine Session mit einer Leistungsshow zu verwechseln. Nach dem Motto: höher weiter, schneller. Ich sehe den Sinn einer Session darin miteinander zu spielen und nicht gegeneinander. Das scheinen aber einige nicht zu begreifen. ich habe mehr Respekt vor Leuten die langsam aber schön und im Timing spielen, als die, die glauben in einem Tempo was sie nicht beherrschen, Melodien verhunzen zu müssen. Wenn einer das kann, dann soll er auch schnell spielen,aber nur wenn er das auch kann!

    Das paßte jetzt zwar nicht 100 Prozentig zum Thema, war aber schon auf die Beiträge bezogen.

    Als Qiuntessenz des Ganzen möchte ich noch mal den Bogen kriegen; eine Session kann nicht dazu da sein, Publikum zu ziehen, wer das sieht, versteht den Sinn der Session nicht. Wer Umsatz und Profit machen möchte, der soll Konzerte organisieren.

    In Hamburg ist es so, daß es für den Wirt eine Ehre ist, daß er unsere Session in seinem Pub hat. Nicht weil wir so gut sind, aber weil eine Session zum irischen Lifestyle und irischen Kultur dazu gehört.

    Mit ist es egal ob jemand zuguckt. Das ist sogar noch besser, denn dann bekommt man nicht die Fragen gestellt, ob man den Wild Rover singen kann. Wen die Musik stört kann ja in eine andere Lokalität gehen. Den Jukeboxmodus machen schon Solisten und Duos für 50 Euro am Abend...

    Guido

  • Moin Guido,

    ich weiß nicht genau wie direkt sich Dein Kommentar auf meinen bezogen hat, aber ich denke n´büschn schon.

    Du hast mit dem was Du sagst recht und ich spiele persönlich gerne in einer Session. Meine Intension ist nicht den Charakter einer Session zu ändern, sondern ich beschreibe warum meiner Meinung nach das Publikum manchmal etwas rar ist - das war ja u.a. das Thema (unabhängig davon wer nun wie schnell mitspielt ? das ist fast einen eigenen Thread wert). Meiner Meinung nach sind eben ganz feststellend die Hauptgründe das nur ein mäßiges oder kein Marketing gemacht wird und das oft keine publikumsfreundliche Atmosphäre von Seiten der Musiker zustande kommt.

    Dort wo dies so wie Du es beschreibst harmonisiert ist ja gut, aber das tut es eben nicht überall. In Frankfurt sind innerhalb von 6 Monaten 2 von 3 Session ?gestorben?, weil sich der Pub das nicht mehr leisten konnte ? ganz ohne Publikum (und Umsatz) geht es eben nicht. Und wir hatten ja gefragt wo der Haase im Pfeffer liegt.

    Letztlich ist dies aber nur ein Aspekt von mehreren den man auch nicht überbetonen muß. Ralf hat beschrieben, dass man finanziell Prioritäten setzten muß (und Du hast ja auch beschrieben wie teuer es ist). Dies bedeutet wem es wichtig ist, der kommt, aber alle anderen kommen eben nicht, weil man den Euro nur einmal ausgeben kann.
    Ich verstehe die Preise im Pub auch nicht wirklich, man hat den Eindruck weil weniger kommen wird es noch ein bischen teurer, weil man ja einen bestimmten Umsatz braucht, dadurch kommen noch weniger, wenn wenig da sind ist keine Stimmung und schon ist der Pub leer. Wenn es die Einkaufpreise zulassen würde ich schlicht deutlich weniger Geld für die Getränke nehmen.

    Schöne Grüße
    Oliver

  • zu der ganzen sache eine kurze schöne positive geschichte....

    ich hab vor genau 4 wochen mit meiner band (auf bühne=vor publikum= no session) bei einer veranstaltung gespielt. aus orginisatorischen gründen spielten wir als headliner (nicht weil wir so gut sind). vor uns spielten eine grunge-metal-, eine ska-punk-, sowie eine drum´n´bass band mit ziemlich heavy e-gitarren sound...also total schräge mischung...
    und das ganze auf einem extra hohen lautstärke-level...
    da es uns (trotz ex-metaller) in der halle einfach zu laut war, verbrachten wir die meiste zeit bis zum auftritt im backstagebereich und spielten so für uns "unplugged" dahin....natürlich kamen uns dabei gedanken was wir auf dem event überhaupst verloren hatten...(der veranstalter war ein kulturverein)...und außerdem wie sollten wir auf diese lautstärke und aggressive musik mit unserem folk draufpassen...????

    nun ja...um 1 uhr nachts war es dann so weit... wir machten unseren line-check und fegten mit den fetzigsten sachen die wir im gepäck hatten loß...der sound war unglaublich...und schon beim ersten stück bewegte sich die maße..vom punk bis zum gothic...vom hip-hopper bis zum...??? es herrschte eine saugeile stimmung bei den leuten...

    nun gut, nach einigen (geforderten zugaben) und dem zeugsabbau von der bühne wurden wir von vielen leuten (auch musikern von den anderen bands) sehr freundlich empfangen, einige wollten cd´s (die es leider noch nicht gibt :( ) und wir hatten noch eine fette aftershow party..

    somit wollte ich eigentlich nur sagen, daß es viele jugendliche gibt die auf folk abfahren....klar waren sie von den vorbands total gepusht und auch sicher nicht mehr nüchtern ;)
    für uns wars jedenfalls ein überraschend geiler gig....
    und es würde mich freuen das eine oder andere gesicht mal bei unseren eigenen auftritten zu erspähen....


    so far.....der zris
    ----------------------------------
    ...der nur single-end spielen tut

  • Hallo Oliver,

    Du hast schon recht, wenn ich mich unter anderem auch auf Deinen Kommentar bezogen habe. Wobei das nicht persönlich zu nehmen ist. Aber es gibt wirklich Leute, die das so sehen, wie ich es beschrieben habe und das ist sehr schade.

    Was sich nicht so ganz verstehen kann ist der Satz: "...weil sich der Pub das nicht mehr leisten konnte."?!?! Meinst Du damit, daß der Pub wegen der Session zugemacht hat oder das sich der Pub nur nicht mehr die Freigetränke oder den halben Preis leisten konnte?

    Wegen einer Session macht bestimmt ein Pub nicht pleite. Hamburg ist natürlich eine Großstadt und die eingesessenen Pubs machen gute Umsätze, zumindestens habe ich den Eindruck. Aber selbst wenn die Session einmal die Woche mit 6 - 10 Leuten tagt, kann das nicht nicht das Genick eines Pubbesitzers brechen. Da müßte man schon Komasaufen machen. Da wir hier bei uns auch den halben Preis bezahlen, hat der Besitzer immerhin seinen Einkaufspreis wieder drin und wir sind damit keine Belastung. Und da für eine Session normalerweise kein Eintritt genommen wird, ist das auch kein Grund, daß die Leute draußen bleiben. Und mit der Musik jemanden vergraulen, ich weiß nicht, da muß schon sehr schlecht Musik gemacht werden...

    Es ist schwer einfach pauschal zu sagen, warum das so oder so ist, denn man müßte immer im Einzelfall sehen, was genau für Umstände vorhanden waren...

    Guido

  • Moin Guido,

    so wollte ich das nicht sagen, die Pub´s haben nicht wegen der Session pleite gemacht. Hier ist es tendentiell so, dass die Stammbesetzung die verlässlich da ist, eine kleine Aufwandsentschädigung bekommt und der Rest der Musiker spielt für freie Getränke. Den beiden genannten Pub´s ging es finanziell so schlecht, dass sie die Sessions deswegen abgesetzt haben.

    Die Pub´s gibt es also noch, aber nicht mehr die Sessions. Wieviel eine Session kostet, hängt letztlich auch davon ab wie voll der Pub ist. Mir hat mal ein Wirt im Zusammenhang mit einem Gig vorgerechnet, dass er zu den Kosten des Gigs immer noch die Kosten dazurechnet, die wir an Platz verbrauchen, weil ca. 1 Tisch wegfällt und ein Tisch = x Euro pro Abend bringt. Das Klingt sehr kaufmännisch aber recht hat er.

    Ich finde eine Session gehört zu einem Pub dazu, aber wie schon gesagt wurde ? einige hängen auch bloß ein Guinness Schild auf und meinen das reicht.

    Wenn man über negative Punkte redet, muß man immer gucken, dass sich das ganze nicht zu schlimm anhört und das wahre Bild verzerrt wird. Die Erfahrung von Zris kann ich bestätigen, wir haben neulich nach einem Gig einer anderen Gruppe per Zufall gespielt und auch so positive Rückmeldungen bekommen. Einer meinte der Eintritt hätte sich erst mit uns gelohnt... :D

    So und nun gucke ich mal, ob ich einen Flug nach Inisheer gebucht bekomme.

    Schöne Grüße
    Oliver

  • Zitat

    Den beiden genannten Pub´s ging es finanziell so schlecht, dass sie die Sessions deswegen abgesetzt haben.



    Hi Oliver,

    das kann ich gar nicht nachvollziehen.

    Als der Pub in Kassel zumachen musste, waren wir von der Session quasi die letzten, die den Pub verlassen haben. Ich mein, selbst als es dem Pub dreckig ging, weil aufgrund von 4000 Euro Miete bei nicht gerade berauschenden Umsätzen die Luft ausging, haben wir dort trotzdem unsere Session gemacht. und für den Wirt waren wir quasi die guten Seelen im Pub, die einfach mit dazu gehören.

    Wir wären nie auf die Idee gekommen, nicht mehr dort zu spielen, selbst wenn es kein Freibier (das erste Getränk war immer umsonst und weitere nach Laune des Wirts) oder keine "Aufwandsentschädigung" gegeben hätte. Oder was war denn der Grund, warum dort keine Sessions mehr stattfinden?

    viele Grüße

    Mat

    Stammsessions in Kassel und Marburg
    Instrumente: SOK-Bodhrán, Takamine-Gitarre, Dixon Low und Tin Whistle, Seiler Piano